30.06.2011

Zeitweilige Ratlosigkeit

Vielleicht hätte ich doch etwas anderes studieren sollen. Oder gar nicht. Vielleicht wäre gar nicht sogar besser gewesen. Aber nun hat sich das sowieso fast erledigt, jetzt heißt es eher nicht: Benno Ketten; Dipl.-Soz., jetzt heißt es: Benno Ketten, Nachtportier. Nachtportier im 3-Sterne-Hotel „Tahiti“.

Das ist zwar nicht mein Traumjob, aber was soll´s, ist ja sowieso nur für den Übergang, bis ich weiß, was ich so will vom Leben; das Leben an sich, so, es plätschert dahin, die Tage ziehen sich wie Kaugummi zwischen Sommerasphalt und Riemchensandale, wobei ich das nicht so beurteilen kann, das mit dem heißen Kaugummi, weil ich ja tagsüber meistens schlafe und nachts im Tahiti bin. Das Leben also hat mir 21 Semester Soziologie mit dem Nebenfach Geschichte beschert; dann wurde mir klar, dass ich auf Soziologie gar keine Lust hatte und auf die Uni auch nicht und auf die Studenten auch nicht und vor allem auf die Studentinnen auch nicht: 10.000 weibliche Wesen und keines für mich. Doch, eine doch, für sechs Monate im Jahr 1999: Anita. Und dann hatte sie genug von mir, ich aber noch lange nicht von ihr, aber das änderte nichts; weg war sie. Und danach dann nichts mehr, keine Anita, keine Petra, keine Uschi, keine Ulla, als wenn sie alle sich gegen mich verschworen hätten; ich denke manchmal wirklich, dass die Damen sich untereinander abgesprochen hätten oder dass Anita all die Damen ins Gebet nimmt, die ich ansprechend finde.

Da ist bestimmt was dran, was aber auch bedeutet, dass Anita mich beobachtet, weil sonst kann sie das ja gar nicht wissen, welche Frau ich nun in die engere Wahl ziehe und welche nicht. Bestimmt ist sie auch Mitglied bei der Singlebörse im Netz; da bin ich nämlich, aber irgendwie klappt das auch nicht, entweder antwortet niemand oder die antworten „nee lass mal“ oder „sei doch nicht albern“ oder aber auch einfach nur „nein“; und die, mit denen ich mich dann wirklich treffe, sehe ich dann nie wieder, es ist nicht meine Schuld, aber die Damen melden sich aus unerfindlichen Gründen nicht mehr, tja.

Seit vier Jahren also bin ich kein Student mehr, jedenfalls kein aktiver Student, zwar noch eingeschrieben, aber schon lange nicht mehr dagewesen; vielleicht sollte ich mal wieder hingehen; so ein Abschluss wäre schon nicht schlecht: auf jeden Fall bin ich jetzt dafür aber Vollzeitnachtportier, aber wie gesagt, nicht mehr lange, dann mach ich was anderes, mir fehlt nur noch eine Idee, aber irgendso ein Schein, irgendso ne Ausbildung in der Tasche, der wäre schon nicht schlecht, so ein Schein.

Wenn ich Lust dazu hätte, könnte ich Tischler werden, so mit Holz arbeiten ist bestimmt nicht schlecht; aber das muss nicht sein, so mit rumschreiendem Meister und so, ach nee. Oder Fleischer, das wäre auch was, ich mag Fleisch eigentlich ganz gerne, man kann sogar sagen, ich bin ein Fleischfreund; Fleischer also vielleicht: aber da gibt es ja auch Meister; also doch nicht.

Nun ist es aber nicht so, dass ich nichts auf die Reihe kriege, so ist das ja nicht, ich schreibe schon ab und zu eine Bewerbung auf Stellenanzeigen, die ich ansprechend finde, nur klappt das irgendwie nie, warum, weiß ich nicht, an mir kann es nicht liegen, meine Bewerbungen sind alle tadellos: Anita? Überwacht sie meine Post? Dann liest sie bestimmt auch die Briefe von Petra. Ich weiß auch nicht, das hat sich so entwickelt, wieder so eine Pleite, wieder so ein vermurkster Singlebörsenabend; und dann habe ich ihr geschrieben, so richtig altmodisch mit Brief, habe ihr also geschrieben, dass ich eigentlich ein ganz netter und cooler Typ bin, und sie schrieb zurück „das mag ja sein, aber warum hast Du dann die neun Weizenbiere, die Du getrunken hast, ausgerechnet auf meinem Fahrradsattel verteilt?“; da ist was dran, aber ich war echt nervös und dagegen hilft nun mal ein kleines Getränk oder auch zwei. Oder halt mehrere, wie in diesem Fall. Auf jeden Fall aber schreiben wir uns immer noch, obwohl sie schon lange nicht mehr in Bremen wohnt; nun ja, besser als nichts.

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