11.10.2012

Ars vivendi im Kontext des Privaten



Unbekümmertes Traditionsbewusstsein des Hier trifft auf provokative Ansichten des Materiellen im Jetzt: Kunst im Haus. 
Davon kündet auch der vorab erschienene Ausstellungskatalog „Topflappen-Hits“, der nicht nur den schwierigen Spagat zwischen fundierter Grundsätzlichkeit, sondern auch den verheißungsvollen Aufbruch in neue, dissonante Sphären dokumentieren möchte. So wartet bereits der der Titel mit der schon jetzt kontrovers diskutierten Ankündigung „Neue Ideen“ auf: Gezielter Affront oder modernes Selbstbewusstsein? Im Nachsatz dann folgerichtig auch „Häkeln & Stricken im Trend für die Küche“: wird hier –spätestens seit Beuys- endgültig ein neuer Versuch zur generellen Implementierung hochdemonstrativer Kunst im semiprivaten So-Sein gewagt? Ein spannender, wenn auch kontroverser Vorstoß. Zeigt doch bereits die Abbildung des 1995 von Edda Runken kreierten Werks „2 Frösche im privatpolitischen Raum“ dem kritischen Betrachter förmlich die lange Zunge. Daneben –plakativ und doch wirkungsvoll- Vincente Brettberts „Schneebesen Nr. 7“, der quasi per definitionem den herrschenden Kunstbetrieb als affektierte Schaumschlägerei entlarven möchte. Hiervon kündet auch die Installation „Profanes Esswerkzeug auf gelbgerandetem Teller (Metall auf Keramik)“ von Sigurna Nepf; das Milieu des scheinbar gelassenen Bonvivants: abgeschmackt und abgefrühstückt? Hoffnung jedoch signalisiert das Werk des Griechen Atanatius Stalagnotopulos: Sein „Bunter Salat in einfacher Schale“ signalisiert belebende Frische im oftmals agoniden Kunstbetrieb gelangweilter Bohêmiens.
Fazit: Auch auf längere Sicht wird der öffentliche Diskurs die spekulative Art privée bestimmen. Wird diese vorweggenommene Inthronisierung gesellschaftlicher Normenkunst als strukturelle Sein-Bereicherung oder aber als unbedingte Verneinung postgesellschaftlicher Normenrealitäten wahrgenommen werden? Dies ist die kunstpolitische Rahmenkontroverse des kommenden Jahrzehnts. 

24.09.2012

Mallorca, zwei Wochen

Zwei Wochen Mallorca, da denkt der gemeine Mensch doch unwillkürlich: Besoffene Deutsche, besoffene Engländer, besoffene Niederländer und dazwischen strohhalmbestückte Eimer mit seltsamen Gesöffen. Ist aber gar nicht so, wie ich jüngst erleben durfte. Da zeigte sich die verrufene Insel wirklich liebenswert und gar zauberhaft. Natürlich, den „Ballermann“ gibt es immer noch, aber der von mir besuchte Rest der Insel kam wirklich äußerst pittoresk und beschaulich daher.

Meine Neugier treibt mich zum Ballermann nach El Arenal: Ist das wirklich so, wie es im Fernsehen rüberkommt? Ich laufe also die Playa de Palma ab, wie an einer Schnur aufgereiht stehen dort die 15 „Balnearios“, eigentlich ganz normale Strandcafés. Nur die Balnearios 5, 6 und 7 sind fest in deutscher Hand: Der wahre Ballermann. Je näher ich den drei Beachbars komme, desto lauter wird es: Partymucke überall (deutsche Feiermusik, natürlich) und trinkende Menschen zwischen 18-70 Jahren. Ich denke daran, dass meine Eltern auch in dieses Altersraster passen und schäme mich fremd: Dabei saufen meine Eltern gar nicht.

Ich wohnte in dem wirklich als malerisch zu bezeichnenden Ort Santanyi im Südosten der Insel: Wer hier besoffen durch die Gegend gewabert wäre, hätte Blicke des Abscheus geerntet. Schöne Häuser, die sich in Sandsteinoptik hervorragend ergänzen, freundliche Menschen, unauffällige Touristen. Samstag und Mittwoch dann jeweils Markt, wo nicht nur lecker Obst und Gemüse feilgeboten wurde, sondern auch der übliche, unverzichtbare Tand: Ledertaschen- und Gürtel, gefälschte Uhren, Kappen, Schmuck… Hier war feilschen angesagt und wer das nicht knallhart durchzog, zahlte zuviel. Ich zahlte vielzuviel.

Vor mir läuft ein etwas verwitterter Mann zwischen 30-40 Jahren. Er trägt einen auffälligen Hut, der einen riesigen Penis darstellt. Auf der Hutkrempe steht „Pimmolo“. Der Mann wankt über die gut besuchte Promenade und brüllt „FICKEEEEN!!!“ Niemand wundert sich.




Mallorca eignet sich wirklich sehr gut zum Wandern und Radfahren. Bei über 30°C im Schatten ließ ich das Wandern jedoch sein und lieh mir ein Fahrrad bei „Bike total“. Das kostete um die acht Euro pro Tag, das Rad wurde ins Haus geliefert und im Falle einer Panne genügte ein Anruf und der Besitzer namens „Willi“, ein Deutscher, kam sofort vorbei und brachte Ersatz: Toll! Ich hatte zwei Mal durch Dornen verursacht einen Platten – Willi half umgehend. Mit dem Rad war es dann möglich, die vielfältige Umgebung zu erkunden; die hügelige Landschaft war auch für ungeübte Radfahrer zu bewältigen und belohnte Auge, Ohr und Nase mit vielerlei Eindrücken.

Diverse Pavillons, wie wir sie auf Messen oder Partys finden, sind am Strand aufgebaut. Darunter stehen die Damen und die Herren und trinken frischgezapftes Bier aus der Profizapfanlage. Wieder schallt lauteste Partymusik aus riesigen Lautsprechern. An einem Pavillon sind vier DIN-A4 Schilder angebracht, die anscheinend bereits zu Hause gedruckt worden sind; darauf ist der Reihenfolge nach zu lesen:

Melone NEIN!

Massage NEIN!

Brillen NEIN!

Ficken JA!

 
Mit dem Fahrrad war es mir möglich, wirklich schöne Badebuchten zu finden, wo wirklich nur ganz normale Menschen dem Strandvergnügen nachgingen – wer hier Bier trank, fiel auch auf. Zwar haben die Strandbars einen ordentlichen Strandbonus auf die Preise geschlagen, dennoch blieb die Urlaubskasse von richtigen Schocks verschont – wenn man mal von den Taxis absieht, die, für mich recht unverständlich, scheinbar willkürliche Aufschläge auf den normalen Fahrpreis berechneten. Das Wasser präsentierte sich oberflächlich als sehr sauber, nur beim Schnorcheln sah man dann doch die Auswirkungen des Menschen – laut „Mallorca-Magazin“ (oder war es die „Mallorca-Zeitung“?) ist diese Insel der Flecken mit dem gewaltigsten Müllaufkommen der Welt.

Die belebte Promenade gerät in zusätzliche Aktivität: Gereifte Frauen und tiefgebräunte Männer mit mehr oder weniger gereiften Wampen und Goldschmuck ziehen eifrig graue Mülleimer zu einem kleinen LKW mit leerer Ladefläche. Hier stehen schon um die fünfzig Menschen jeglichen Alters und Geschlechts. Sie warten darauf, dass zwei spanische Herren von der Müllabfuhr die angesammelten Mülleimer auf der Ladefläche ausleeren. Als die Männer den Tonneninhalt auf die Ladefläche kippen, kommen Pappen von Sechserträgern und hunderte von Flaschen zum Vorschein. Da wurde anscheinend viel getrunken. Die erwachsenen Menschen feuern die Müllwerker an und jubeln. Sie feiern sich selbst und ihren großen Durst.

Und natürlich: Die beeindruckende Hauptstadt Mallorcas – Palma. Tatsächlich wohnen hier über 400.000 Menschen und die Stadt präsentiert sich reichlich urban - so urban, dass sie an Barcelona erinnert: Quirlig, geschichtsträchtig, architektonisch eine Augenweide. Wer auf Mallorca ist und nicht die Hauptstadt besucht, verpasst wirklich eine tolle Stadt. Zwar sind die Hauptstraßen ganz auf Touristen ausgelegt und dementsprechend von auswärtigen Besuchern bevölkert, die Nebenstraßen und kleinen Gassen geben sich trotz Großstadtflair jedoch nahezu menschenleer. Seltsam nur, dass der Eintritt in die weltberühmte Kathedrale Palmas Eintritt kostet – seit wann kostet Beten Geld? Und was ist, wenn man total pleite ist und deshalb Gottes Beistand erbitten möchte? Wo geht man dann hin? Jedenfalls nicht in die Kathedrale, sondern in eine der anderen imposanten Kirchen Mallorcas.

Die ich auch besuchte und diesen Herren traf, der vor noch gar nicht allzu langer Zeit noch lebte und von dem gesagt wird, dass ohne ihn die Auflösung des sogenannten „Ostblocks“ nicht möglich gewesen wäre: Hallo Paul 2!

Wie in anderen Touri-Orten auch, so sehe ich auch hier diese kleinen Baseballschläger: Sie sind mit verschiedenen Namen der gängigen Fußballclubs bedruckt und aus stabilem Holz. Am Griff befindet sich eine Schlaufe am Handgelenk. Dieses Ding ist nicht für Baseball gedacht; es ist vielmehr ein feister Knüppel, mit dem der vermeintliche Sportsfreund die 3. Halbzeit einläutet  und damit anderen Fußballfreunden auf den Kopf haut.

Und die Markthalle von Palma bietet alles, was der Mensch braucht: Fisch, Gemüse, Obst, Haushaltswaren, Cafés, Süßwaren, Backwaren; ach – einfach alles. Das für uns hektische Treiben, das für die hier Arbeitenden so normal erscheint: Für mich ein einziges Gewusel aus fremden Gerüchen, spanisch-mallorquinischen-Sprachgewirr und hin und her-eilenden Menschen; dazwischen aber dann wieder Cafés, wo Einheimische seelenruhig Kaffee oder Bier trinken: Gehst Du also zur Hauptstadt, vergiss die Markthalle nicht.

Ich ruhe mich auf einer der Bänke etwas jenseits des suffbeladenen Trubels aus und beobachte einen blonden Mann in einem weinroten Poloshirt, beigefarbener Hose, weißen Socken und weißen Turnschuhen, der in ca. 20 Metern Entfernung agiert. Die rechte Hälfte des Gebisses fehlt anscheinend, was den Mann allerdings nicht zu stören scheint – ist wohl schon längere Zeit so. Der Herr versucht, den Busfahrplan zu studieren – das ist schon nüchtern nicht so ganz einfach, dieser Mensch jedoch kann mindestens zwei Promille sein Eigen nennen. Er versucht, andere Busfahrwillige zu fragen, die jedoch nur mit den Schultern zucken. Dann kommt ein Bus. Die Menschen steigen ein. Nur er nicht. Er darf nicht mit, wird vom Busfahrer nicht mitgenommen, weil er zu betrunken ist. Der Mann beschwert sich – beim Busfahrer, bei anderen Menschen und dann bei sich. Aber der Bus fährt weg. Der Mann lamentiert, aber niemand hört zu. Dann geht der Mann wankend weg. Fünf Minuten später sehe ich ihn wieder; er hat sich ein Bier gekauft, welches er nun trinkt.

Wer aber auf Mallorca wohnen will, hat entweder schlechte Karten (geht also nicht) oder viiieel Geld (alles geht). Selbst augenscheinliche Bruchbuden, die mit Mühe „Finca“ genannt werden könnten, werden für mehrere hunderttausend Euro angeboten. Ein Häuschen am Meer? Nicht unter einer Million. Das ist wahrlich verrückt und eine solch immense Immobilienblase, die über kurz oder lang platzen muss. Nach oben gibt es keine Grenzen und geht nicht, gibt´s nicht. Es ist unfassbar, dieses „Sylt des Südens“. Und auch nicht meine Welt.

An der Bushaltestelle werde ich von einem hageren Deutschen angesprochen – ob ich auch nach Santanyi wolle. Als ich dies bejahe, erzählt er mir, dass seine Freunde ihn gestern im Tran verloren hätten und er deshalb am Ballermann festsäße. Auf meine Frage, ob er am Strand geschlafen oder er sich ein Hotelzimmer genommen hätte, lacht er (mich aus?): „Hier findest Du immer ein Bett…“ Benno Ketten: Ein verklemmter, nichtswissender Spießer?

Meine Welt war eher der Umstand, dass dank des Klimas auf dieser Insel vieles auf lange Zeit erhalten bleibt: Bis zum Schluss zum Beispiel war ich immer wieder begeistert, alte Autos zu sehen, die es bei uns kaum noch gibt: Einen „R4“ zum Beispiel. Und nicht nur einen: Viele! Toll. Da kann jeder gesichtslose Plastikbomber von heute und jeder lächerliche Ferrari einpacken – der R4: Ein Auto von Format.

Ich sehe mir die überdachten Tempel des deutschen Frohsinns an: „Mega-Park“ und „Bierkönig“: Im Mega-Park, der wirklichwirklich sehr groß ist, tanzen im Laden verteilt schnieke Frauen in Reizwäsche und mit roten Hörnern oder Cowboyhüten auf dem Kopf auf den Tischen. Die Damen gehören zum Laden. Unten stehen und sitzen vollstramme Damen und Herren, die lustig alkoholische Getränke konsumieren. Eine Tänzerin appelliert anscheinend an die Säfte eines trunkenen Herren um die 30. Er versucht, den Tisch zu erklimmen, um die Frau anzufassen oder zu stehlen, wird aber von einem nichttrunkenen Sicherheitsmenschen daran gehindert. Der trunkene Mann sieht daraufhin zerknirscht aus, weil er so gerne die Frau angefasst oder mitgenommen hätte. Die Frau tut weiterhin so, als wenn ihr die Tanzerei Spaß machen würde; sie lächelt und versucht, erotisch zu wirken. Manchmal kann man jedoch kurz sehen, dass es ihr keinen Spaß macht; dann  sieht man den einen oder anderen zerplatzten Traum aus ihren Augen schweben. Das sieht das heitere Publikum jedoch nicht. Doch ich sehe es. Die Frau tut mir leid.

Viel gäbe es noch zu berichten, was während dieser zwei Wochen schön, angenehm und  ergreifend war: Das Klima zum Beispiel oder die freundlichen Menschen, die umwerfende Natur oder die beeindruckende und abwechslungsreiche Landschaft. Gottseidank hat sich mein Vorurteil also nicht bestätigt, dass ganz Mallorca ein einziger Ballermann ist.

Meine Ballermann-Beobachtungen entstammen übrigens einem beliebigen Montag zwischen 12-16 Uhr. Ich kann nun aber freimütig sagen, dass Mallorca nicht nur zwischen 12-16 Uhr erheblich mehr zu bieten hat als Stumpfsinn, Suff und dicke Wampen. In diesem Sinne:

Hasta pronto, Mallorca!

16.07.2012

Schweinesommer!

Der Sommer ist bereits ein paar Tage alt und trotz des allgemeinen Gejammers über ihn finde ich, dass er seine Arbeit bisher ganz gut erledigt hat: Ich friere nicht, draußen ist es grün und die Tage sind hell. Der Sommer eignet sich auch hervorragend dazu, sich in Muße zu üben und faul herumzuliegen. Das tue ich derzeit, daher liest die geneigte Leserschaft gerade nicht allzu viel von mir. Ich kann aber versprechen, dass sich dieser Zustand, genauso wie der Sommer, wieder ändern wird.
Herumliegen, das ist ein gutes Stichwort: Gestern also ging ich mußedurchdrungen so durch einen großen Bremer Park, dem Bürgerpark, und da sah ich ein paar possierliche Tierchen, die es sich anscheinend gut gehen ließen. Dieses bumsfidele Geschehen nahm ich zum Anlass, mein erstes Filmchen zu veröffentlichen: Ich garantiere eine absolut schweinische Handlung und eine saustarke Besetzung –

viel Spaß dabei.

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21.06.2012

Schmeiß weg, sei frei!

Der Besitz beziehungsweise Nichtbesitz von Dingen ist in unserer konsumorientierten Welt ein scheinbar wesentliches Indiz von Reichtum und Armut. Ich kenne aber so einige Leute, die zwar wirklich anständig Geld haben, jedoch nicht gerne besitzen, Besitz sogar als Last empfinden.
Fabian Ernst! Stimmt ja, Werder 2004...


Bei mir liegt der Fall noch etwas anders: Ich besitze zwar auch nicht gern, bin aber dauernd pleite. Doch in letzter Zeit störte mich mein zunehmender Besitz immer mehr, so dass ich beschloss, aufzuräumen. Und das dauerte. Bevor man etwas als nicht länger brauchbar deklariert, gilt es jedoch, dieses Etwas genau zu prüfen: Und da finden sich plötzlich Fotos aus längst vergangenen Zeiten, Zeiten, die ich eigentlich vergessen wollte, weil die so beschissen waren. Oder Fotos von verflossenen Damen, Damen, die ich auch vergessen wollte, weil ich die so beschissen behandelt habe.
Meisterschaft war gut - andere Fotos nur peinlich...
Dann findet man auch noch Briefe, richtige Briefe, mit der Hand geschrieben – weiß noch jemand, was das ist? Und alte Schülerzeitungen, die ich einst mit mehr oder weniger originellen Texten füllte.

Papier, Dinge, Zeitschriften, Plunder, Drucker, Computer, Farbe, Klamotten; alles weg, riesige Tüten fanden den Weg ihrer letzten Bestimmung. Sogar die Steuererklärungen der vergangenen drei Jahre sind jetzt beim Finanzamt und somit nicht mehr da – und ich bin frei. Ich besitze endlich, nach Jahren und Jahren, endlich nur noch das, was ich wirklich brauche.

Und das ist die wahre Freiheit.

22.05.2012

Wenn das die Kinder wüssten...

Bei der Thematik des heutigen Posts war ich mir wahrlich nicht sicher: Ursprünglich wollte ich über die typisch bremische Variante der Vatertagstour berichten. Diese findet alljährlich in einer äußerst reizvollen und idyllischen Ecke Bremens, dem Blockland, statt. Dieses überaus pittoreske Naherholungsgebiet zeichnet sich normalerweise durch die ländliche Ruhe und die schöne Landschaft aus. Dann präsentiert sich das Blockland so:


Oder so:


Oder aber auch – so:


An Himmelfahrt oder Vatertag jedoch wird das Blockland von partygewillten Grüppchen stockbesoffener Spaßkanonen beiderlei Geschlechts überflutet. Diese Grüppchen ziehen dann entweder einen alkbestückten Bollerwagen –teilweise mit integriertem Grill- durch die Gegend oder fahren eiernd auf beanhängerten Fahrrädern den Deich entlang. Mit zunehmender Trunkenheit fallen natürlich sämtliche Grenzen; so wurde ich während meiner Erkundungsfahrt mehrmals schlichtweg angebrüllt – scheinbar eine Art Ventil, um seine unbändige Freude auszudrücken. Mehrmals musste ich scharf bremsen, da der durstige Drahteselfahrer spontan abbiegen wollte – wohin, blieb unklar. Einmal ging ich hart in die Bremse, weil mein Vordermann mit seinem Anhänger an einem Pfeiler hängenblieb und sich der gesamte Alkoholvorrat klirrend auf dem Pflaster ergoss: Ich denke, der Unglücksrabe wurde unmittelbar danach von seinen trockenkehligen Freunden geteert und gefedert.

An den einzelnen Ausflugsgaststätten trafen sich dann die betüdelten Trupps, um stehend-wankend weitere Biere einzunehmen. Anscheinend war einer besonders berauschten Frau trotz der 12 Grad Außentemperatur sehr, sehr warm – sonst hätte sie sich nicht ihrer Hose entledigt. Aber auch Menschen mit Hosen hatten dort bereits ernsthafte Probleme und ich glaube, dass diverse Damen und Herren diesen Ausflug weder zu Fuß noch auf dem Rad unbeschadet überstanden haben.

Letzten Endes jedoch habe ich mich aber dann doch dagegen entschieden, vom Vatertag und seinen alkoholischen Exzessen zu berichten; dafür gab die ganze Geschichte dann doch zu wenig her. Und immer diese Saufthemen…ach nee…

Daher fällt der heutige Post diesmal ersatzlos aus.

Das nächste Mal dann mehr!

Hoffentlich…

11.05.2012

Durstige Spiele

Lustige Trinkspiele sterben anscheinend nicht aus, sondern erhalten scheinbar seit ewiger Zeit die Symbiose zwischen sinnfreier Zecherei und sinnvoller Spielerei aufrecht; also: Ein harmonisches Paar, dass die massenhafte Liquidierung von Hirnzellen zum grenzenlosen Spaß erhebt.
Damit nicht meiern!
In meiner Jugend wurde allseits gemeiert, bis eigentlich der Arzt hätte kommen müssen (aber vor mehr als zwanzig Jahren sah man das nicht so eng).  Meiern war und ist ein Würfelspiel, dessen Regeln ich nicht mehr im Kopf habe (die dafür zuständigen Hirnzellen habe ich wohl damals weggemeiert), aber wohl nüchtern allgemein verständlich waren und sind. Wenn man aber erst einmal einen kleben hatte, wurde das von den Mitspielern schamlos ausgenutzt, so dass man noch mehr trinken musste, was letzten Endes zu abenteuerlichen ZU-ständen führte.

Interessante Stadien des spritbedingten Verfalls kann man auch erleben, wenn die spaßaffine Gesellschaft eifrig Bier aus Korngläsern trinkt und darauf wartet, dass die Kontrahenten stumpf umfallen und sich der letzte aufrechte Zecher einen Abend lang „König Jever“ oder „Fürst von Flens“ oder was weiß ich nennen darf.

Was ich aber jüngst in der hiesigen Zeitung lesen durfte,  fand ich dann doch recht originell, oder anders ausgedrückt: Auf so einen Scheiß muss man erst mal kommen. In Neuseeland hat sich seit geraumer Zeit ein lustiges Trinkspiel etabliert, wo die Teilnehmer auf Bäumen sitzen und sich so lange einen zwitschern, bis sie vollstramm von der Pflanze fallen. Der letzte verbliebene Baumsäufer hat dann gewonnen. Es muss ein intelligentes Spiel sein, da es besonders bei Studenten beliebt ist.
Blaal...

Menschen auf Bäumen? Da war doch was? Stimmt: Vom Affen kommst du, zum Affen wirst du – und wenn sich der durstgeplagte Leser gerne regelmäßig einen auf die Glocke haut, dann muss er nicht einmal mehr den Umweg über einen Atomkrieg unternehmen, dann kommt das Primatenhirn von selbst. Dann gibt es nur noch die rudimentären Dinge des Lebens zu tun: Fressen, schlafen, lausen, poppen.

Hm; SO schlecht hört sich das doch gar nicht an…

07.05.2012

Brust und Keule - Zwei Nachmittage Youtube

Körperliche Gewalt und weibliche Brüste: Zwei für mich vollkommen unergründliche Mysterien. Vielleicht liegt es daran, dass ich mir weder vorstellen kann, jemandem physisch Schmerz zuzufügen, noch, dass ich mit mehr oder weniger großen Milchdrüsen auf dem Brustkorb herumlaufe. Also: Tritte und Titten – nicht vorstellbar.

Aber gerade weil es unvorstellbar ist, bin ich sehr interessiert an diesen beiden Themen. Und ich denke, dass ich –aus welchen Gründen auch immer- damit nicht alleine bin. Und woher weiß der internetaffine Mensch, was die Masse mag oder auch nicht? Zum Beispiel,  wenn er Youtube einen Besuch abstattet. Und das habe ich auch getan: An zwei Nachmittagen suchte ich dort gezielt nach Gewalt und Sex.

Der erste Nachmittag stand also ganz im Zeichen der Gewalt. Nun, lange suchen musste ich nicht, um auf schier unglaubliche Dinge zu stoßen, Dinge, die mich doch recht fassungslos zurückließen. Während meiner Schulzeit kursierte das Gerücht, dass es einen Film gäbe, der „Gesichter des Todes“ heißen und richtige, echte Tote und Tode zeigen würde. Gesehen habe ich diesen Film allerdings nie. Mein erster Suchbegriff war also dieser Film, und siehe da – alle vier Folgen dieses Films in voller Länge. Und um es so neutral wie möglich auszudrücken: Das war nicht schön, was ich dort sah. Rechts neben der Filmplattform standen dann die weiteren Vorschläge, die den gewaltinteressierten Betrachter reizen könnten. Hier suchte ich mir im Verlaufe der nächsten Stunden ein paar Filmchen aus dem schier unerschöpflichen Vorrat an fiktionalen und realen Splatterclips aus – hier eine Auswahl: Ach, ja: Menschen mit empfindlicher Seele sollten das jetzt nicht lesen.
Ich sah also Menschen, die von Autos und Zügen überfahren wurden, die mit Motorrädern zu Tode kamen, mit dem Flugzeug oder dem Ballon abstürzten oder vom Himmel fielen, weil sich der Fallschirm nicht öffnete; ich verfolgte Messerstechereien, diverse Schießereien, Überfälle mit Todesfolge oder –reißerisch zur Heldengeschichte aufbereitet- den Scharfschützenschuss mit der weitesten Entfernung. Ferner erlebte ich alle möglichen Formen der Exekution: Erschießen, Erhängen, Köpfen mit dem Schwert, Steinigung oder Amputationen bei vollem Bewusstsein wegen Diebstahls, um nur wenige Beispiele zu nennen. Der aufgebrachte Mob verübte mehrmals grausam Selbstjustiz, indem er Menschen langsam erschlug oder mit Benzin übergoss und bei lebendigem Leibe verbrannte. Menschen sprangen aus brennenden Häusern oder verübten Suizide mit Gewehren, Pistolen oder Sprüngen von Dächern und Türmen. Außerdem berechneten sie ihr Bungeeseil falsch, wurden von Pitbulls angefallen, von Stieren aufgespießt, von Haien gefressen und von Elefanten zertreten. So, jetzt könnt ihr wieder weiterlesen.


Dies alles war das Ergebnis einer wenig akribischen Suche eines beliebigen Nachmittags. Es war unvorstellbar grausam und bei vielen Sequenzen wünsche ich mir jetzt, sie lieber nicht gesehen zu haben. Daher freute ich mich auf den nächsten Nachmittag, denn dann sollte es heeeiiß werden: Titten! Sex! Nackige Frauen! Und im Zuge des Gender Mainstreams: Nackige Männer! LECHZ! GEIFER!

Nun denn: Ich gab SEX ein. Was ich sah, waren Frauen in Bikinis und Männer in Badehosen. Außerdem einige Fotostrecken mit lustigen Bildern, allerdings war da von Sex nichts zu sehen. Dann stieß ich auf eine verheißungsvolle „Thai-Massage“, die allerdings nur die Massage eines relativ unansehnlichen Rückens beinhaltete. Aber da: Nackte Menschen! Ein Stamm aus dem Amazonasgebiet wird beim Verrichten seines Alltags gefilmt. Ein Viewer fragte dann in den Kommentaren doch tatsächlich, ob die Menschen dort rasiert seien oder von Natur aus keine Körperbehaarung hätten; ääh…ja. „Ääh…ja“ denke ich auch immer, wenn spärlich bekleidete Frauen an Stangen rumhampeln – und das konnte ich dann auch sehen: Frauen in Badekleidung, die an Stangen tanzen. Tse!

Eingabe: FICKEN. „Ficken am Strand“; ah, sehr gut. Leider stand da aber nur ein angezogener Typ am Strand rum, der einen Likör namens „Ficken“ trank und dabei mantraartig „Ficken am Strand“ runterleierte; der Witz wurde dadurch aber auch nicht lustiger. Dann geriet ich in einen Beitrag über die Arbeit eines männlichen Pornodarstellers in der Schweiz – und da erhaschte ich drei Sekunden lang einen Blick auf eine (!) weibliche Brust: Ein Anfang.
PORNO. Unter „Porno“ fand ich lediglich das doch recht lustige „Porno Ping-Pong“ von Joko & Klaas. Allgemein kann zumindest gesagt werden, dass viele Filmchen mit nackten Tatsachen beworben werden, dafür aber keine unbekleideten Menschen beinhalten: Ein billiger Trick?

Nun aber: Ich gab NACKT ein. Und sah tatsächlich Lena Meyer-Landrut, wie sie in der RTL-Sendung „Bitte helfen sie mir“ oben ohne in den Pool springt. Erkennen konnte ich nichts, aber ich erinnere mich, dass das vor zwei Jahren ein halbwegs großer Aufreger war. Und Nora Tschirner in einer Szene in „Keinohrhase“, da war sie auch nackt. Man sah was! Uiuiui…und verheißungsvoll ging es weiter: Nacktshooting beim Next Topmodel! Nackt war da allerdings niemand, genauso wenig wie in dem kleinen Film, der uns die Vorzüge des nudistischen Lebens erklärte. Erklärt wurde uns auch, wie „Brazilian waxing“ funktioniert, eine spezielle Art der Intimrasur – nur leider ohne Fallbeispiel. Und bei „Naked Yoga“ waren Mumu und Nippel von lustigen Früchtchen mit Gesichtern verdeckt. Aber da: Eine nackte Tänzerin. Wahrscheinlich ist die Nacktheit ein Teil der künstlerischen Freiheit, man sah nämlich ALLES – der Wahnsinn.

Fast alles sah man auch bei einem politischen Protest in Russland, wo barbusige Damen auf irgendwelche Missstände aufmerksam machten. Leider weiß ich nicht, welche Missstände angeprangert wurden, vielleicht „Stop dem Blusenklau“ oder einfach nur „Freiheit“; ich weiß es nicht, ich kann kein russisch. Ebenfalls FAST alles sah man im Rahmen einer extravaganten Modenschau, da trugen die Models nämlich nur noch Schuhe und Hut; hm.
Was ist denn mit den Männern? Tja, da sah es auch mager aus: Zumindest sah ich eingeölte Muskelmänner, die im Stringtanga rangen. Und eine Penisuntersuchung beim Urologen, wo man IHN sah, den Penis, den Schlong, den – Schwanz! Den allerdings sah man nicht beim Fotoshooting mit französischen Athleten, da die wesentlichen Stellen nachträglich verpixelt wurden. Nachträglich, ja regelrecht für zig Generationen traumatisiert sind Millionen von unschuldigen amerikanischen Kindern und rechtschaffenen, gottesfürchtigen US-Bürgern, denn sie mussten NIPPELGATE mitansehen: Ohne Vorwarnung. Ohne Möglichkeit, die keuschen Augen rechtzeitig zu schließen. Janet Jackson zeigt eine weibliche - BRUST. Und das gibt es sogar auf Youtube, wenn auch unscharf und zu weit weg. Erschütternd!

Das war also meine Recherchetätigkeit zweier Nachmittage. Auf ein moralisierendes Fazit verzichte ich einfach mal. Stattdessen schaue ich jetzt ein wenig mein absolutes Lieblingsvideo auf Youtube: Garantiert jugendfrei und ohne Überraschungen…


02.05.2012

Leblose Füße

Der Morgen graute bereits, als ich einen abschließenden Rundgang durch unsere ehrwürdige Herberge unternahm. In nahezu allen Fällen ist dieser Rundgang ergebnislos – keine Beschädigungen, keine Einbrüche, keine nennenswerten Verschmutzungen. Doch als ich den 2. Stock betrat, sah ich hinter einem Mauervorsprung auf dem Parkett liegend etwas hervorragen: Dort lagen – zwei Füße. Zwei Füße in Schuhen und mit dem dazugehörigen Menschen dran – quasi wie im Krimi, wo man nur den unteren Teil des Körpers sieht, aber weiß, dass dieser Mensch tot ist. Das dachte ich dann auch -´Muss das sein: Ein Toter zu Feierabend?`-, doch bei näherer Betrachtung stellte sich dann heraus, dass der werte Herr nur schläft; also – Alkohol.
Post und Bild passen hier eigentlich nicht zusammen.

Nun, ich weckte ihn umgehend und überraschenderweise wachte er auch sofort auf. Leider hatte er weder Zimmerschlüssel noch irgendeinen Beleg, dass er in unserem Hotel wohnte, dabei, sodass ich ihn erst einmal zur Rezeption mitnahm. Der etwas mitgenommene Däne behauptete jedoch steif und fest, auf Zimmer 374 zu wohnen, was ich aber nicht so ganz glauben konnte, denn dann müsste der Herr Larsen aus Dänemark mit der Frau Fong aus China zusammen wohnen: „Wohnen Sie mit einer Frau Fong zusammen?“ „Nein.“

Na also.

Und Herr Larsen tauchte nirgendwo, in keiner Liste auf. Nach mehreren Telefonaten mit angrenzenden Hotels stellte sich dann heraus: Herr Larsen wohnte gar nicht bei uns, im Hotel Tahiti, sondern im Kongo-Hotel.

Wie kam er dann in unseren Flur?

Tse, tse, tse…

23.04.2012

Feierei mit Bier und Buch

Bier und Belletristik, das passt nicht zusammen: Wer einmal versucht hat, besoffen einen Roman zu lesen, weiß, wovon ich rede. Dennoch feiern wir heute gleich zwei freudige Anlässe: Den Welttag des Buches und den Tag des Deutschen Bieres!

Die zwei Gefeierten könnten aber auch unterschiedlicher nicht sein - hier das Buch: Erbauliche Literatur am knisternden Kaminfeuer, der geneigte Leser nippt ab und an an einer Tasse Tee (oder gar Rotwein? Aber in Maßen!) und sinniert mit dem besten Freunde über das eben Gelesene („Hemingway wird ja maß-los überbewertet“, „Das eindeutige Zeichen, welches auf den Verfall der Familie Buddenbrook hindeutet? Die Zähne, mein Lieber, die Zähne!“).

Dagegen betrachten wir das Bier: Die „Praline“ verschwimmt vor dem trunkgebeutelten Auge, nur die Betrachtung barbusiger Blondinen reizt noch zu Kommentaren („Ey Alder, digge Titten kannsu nie genuch haam“, „Weissu warrum ich weiß dass Deine Fammilie am Aasch is? Die Zähne, Alder, die Zähne!“)

Feiern wir also die Literatur! Geistvolle, geheimnisvolle Geschichten, verzwickte Abenteuer, romantische Romanzen, die Welt der Literatur, sie ist – wunderbar.

Aber wo bleibt da die Realität? Die Welt, so wie sie ist und wie sie sich da draußen darstellt?

Feiern wir also das Bier! Unkomplizierte, gesellige Fröhlichkeit, unvergessene Geschichten, denkwürdige Delirien, die Welt des Bieres, sie ist – wunderbar.

Vereinen wir also die zwei ungleichen Partner, lesen wir fortan nur noch von durstigen Männern mit Ledertaschen – in Großbuchstaben. Oder geheimnisvolle, geradezu kryptische Inschriften auf biergestählten Körpern. Oder wir vereinen aus Platzgründen das Angenehme mit dem Nützlichen und besorgen uns lediglich eine DVD mit einer Literaturverfilmung und trinken dabei das kühle Nass; denn was man abends sieht, hat man morgens sowieso wieder vergessen. Daher steht heute Abend „Die Blechtrommel“ auf dem Programm! Und morgen wieder

und wieder

und wieder

und wieder

und wieder

und wieder

und