04.01.2012

Rocket Man

Unter allgemeinem Lärm und Getöse stoben diverse Raketen Richtung Himmel, wo sie zerplatzten und bunte Bilder in den dunklen Silvesterhimmel malten. Als jedoch die ersten Raketen eher waagerecht durch die Straße flogen, bequemte ich mich dann doch vor das Hotel, um die Ursache der Quertreiberei zu ergründen. Ungefähr zehn Meter von mir entfernt stand ein Mann, der nicht nur mit Bier, sondern vor allem mit vielen Raketen bestückt war, die er aus einer kleinen 0,3 Liter-Bierflasche heraus startete. Natürlich war diese gläserne Startrampe ein doch sehr wackeliges Konstrukt, so dass der nicht mehr ganz nüchterne Mann diverse Male korrigierend eingreifen musste, damit die Flasche samt Rakete nicht umfiel. Jedoch, wenn sie dann doch umfiel, war es dem Mann auch völlig scheiß-e-gal. Die Raketen flogen dann quer über die Straße und prallten an Häuserwände und Mobilklos, wo sie krachend explodierten.


Ich ging also zu diesem –von nahem betrachtet nicht angetrunkenen, sondern ganz  ordentlich besoffenen- Mann.
ICH (I): Guten Abend! Ich möchte sie nur kurz darüber in Kenntnis setzen, dass sie nur knapp drei Meter von einem Hotel entfernt ihre Raketen zünden!
ER (E): Das wweißich, denn ich wohn ja hier.
I: Das ist gut, dann muss ich ihnen ja nicht erzählen, dass ein Hotelbrand nicht so lustig ist.
E: Nee, nee, musst Du nicht, ich pass auf, alles im Griff.
I: Na, weil die Flasche da auch ab und an umkippt…
E: Nee, ich passauf!
Worauf ich mich wieder entfernte und den Mann weiter beobachtete. Der saß, sah und trank,  wenn er mal nicht Raketen abfeuerte. Schließlich entfernte er sich von seinem Raketen- und Bierfundus und kam zu mir rüber:

E: …und ich hadde gedacht, mal schön ruhig Silvester feiern und so in Bremen, aber hier sind ja alle waahnsinnig, das is ja schlimmer als im Ruhrgebiet, und ich dachte, da wärs schon schlimm, im Ruhrgebiet, aber hier…hier is ja Waaahnsinn!

Und wie er so weiter redete vom Ruhrgebiet und vom Wahnsinn an sich so, kam ein Pärchen vorbei, wobei es fünf Sekunden später das pyrotechnische Waffenarsenal passierte – und aus den Augenwinkeln sah ich SCHWUUPPS! dass der männliche Part blitzschnell alle Raketen an sich riss und ungerührt weiterging.
Der Gast bemerkte nichts und plapperte nichtsahnend weiter.
Und aus Gründen der Sicherheit sagte ich NICHTS.
Und als der Mann dann schließlich zu seinem Platz zurückwankte, bemerkte er nach ein paar Minuten das Fehlen seiner geliebten Raketen; und er reagierte völlig stoisch, lethargisch, stumpf – nämlich gar nicht.
Was mich in meinem Entschluss bekräftigte, nichts zu sagen:  Denn ich glaube, genauso phlegmatisch hätte er sich den von ihm verursachten Hotelbrand angesehen…

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