02.03.2012

Skurrile Symbiose

Als ich gestern in den Abendstunden den Zug aus der tiefsten norddeutschen Agrareinöde in Richtung große Stadt, also Bremen, nahm, beobachtete ich interessiert zwei Männer, die im vorderen Bereich des Zuges saßen. Offensichtlich verband sie die gemeinsame Leidenschaft für alkoholhaltige Getränke, was sich unter anderem durch die Lautstärke der Unterhaltung und die spritgeschwängerte Wolke, die die beiden Herren umgab, äußerte.
Irgendwann löste sich die eine Hälfte des Duos vom anderen Teil, um anscheinend auch mal andere Sitze auszuprobieren. Und da hatte er nahezu freie Auswahl, da sich neben mir nur noch zwei junge Damen in dem Großraumwagen befanden. Der benebelte Mann, der außerdem durch seine Kahlköpfigkeit und durch seine schwarze Sonnenbrille, die normalerweise von komplett Blinden getragen wird, auffiel, probierte also den ersten Platz aus. Anscheinend gefiel dieser Sitzplatz nicht;  er stand auf und probierte den nächsten Sitz, zwei Reihen weiter. Nach einer Minute erhob er sich erneut und war im Begriff, einen weiteren Platz seines Interesses auszuwählen; und er wählte – den Platz direkt neben mir. Der ganze Wagen hatte eine Fülle an Möglichkeiten, doch er wollte – diesen Platz. Er fragte „IIsssa nnoch frrei?“, worauf ich spontan „Nein!“ antwortete – er entschuldigte sich und setzte sich eine Reihe weiter. Dann kam sein Kompagnon zu ihm und sagte „Der Tabak: Wo issser Tabak?“ „Das wweissichnich ich habbin nich“ „du mussoch wiisn wo der Tabak is, Mann!“ „Stut mirleid…schulligung…“: Und der nach Rauchwaren verlangende Mann entfernte sich wieder.

 Der Kahlkopf jedoch erhob sich und ging in die andere Richtung; wenig später kam Herr Tabak, der zotteliges, schwarzes Haupthaar sein eigen nannte, wieder und fragte die beiden Damen: „Wo is ER?“ und ging wieder. Wenig später waberte ER wieder durch den Zug. Dann wiederum Herr Tabak: „Wo is ER hinnegang?“ und ging in die von den Damen angezeigte Richtung, wo sich die Spur des dynamischen Duos verlor. In Bremen dann sah ich sie noch mal vereint auf dem Bahnsteig, und ich fragte mich - und das nicht zum ersten Mal:
Warum bilden Züge, Bahnhöfe und skurrile Menschen so häufig eine Symbiose?

Kann mir das irgendjemand erklären?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen