25.11.2011

Keine Wolle, kein Käfer, kein Huhn, kein Post

Werte Leserin, werter Leser,
heute gibt es leider keinen Post; es tut mir leid. Nicht, dass es mir nun an Ideen mangelte – das war es nicht; aber irgendwie…äh…
Naja, auf jeden Fall schnappte ich neulich bei einer mir bekannten Person - sagen wir, sie hieß meinethalben „Cordula Schnalz“- etwas auf, also Cordula sagte jedenfalls, dass im Kindergarten ihrer Tochter Traktora gerade ein „Insektenhotel“ gebaut wird. `Aha, Insektenhotel´, dachte ich, und auch `Das habe ich ja noch nie gehört; wie lustig´. `Was soll das sein´, dachte ich weiter, `so richtig mit Bienen-Late-Check-In und Kartoffelkäferdoppelzimmer und so: Da schreibe ich doch glatt mal drüber; denn für mich ist das ja unerhört, weil - noch nie gehört´. Ja, so dachte ich. Und googelte zur Sicherheit noch mal „Insektenhotel“ - und siehe da: 463.000 Einträge, selbst Amazon verkauft die pfiffigen Dinger. Da drin können sich dann Insekten verkriechen und den Winter abwarten – aber für einen Post ist das dann doch ein bisschen wenig. Also kein Wielustiginsektenhotel-Post.
Aber als aufmerksamer Mensch laufe ich ja doch ab und an sehenden Auges durch die Straßen – da fiel mir eines Tages das da auf:

Das fand ich gut, war es doch ein klares Zeichen dafür, dass die umtriebige „Strick-Guerilla“ wieder zugeschlagen hat: Klar, das wird doch mal ein spannender Post, so mit nächtlichen Strick-Ins und so, mit hochkonspirativen Treffen und aufregenden Katz-und-Maus-Spielchen mit der Polizei und mit allen Wassern gewaschenen Wollaktivisten, die sich in endlosen Verhören in Widersprüche verstricken; ja, das hätte wirklich gut funktioniert – das wäre aber auch gleichzeitig eine ganz billige Masche gewesen: Je nach Schreibweise zwischen 29.000 – 111.000 Einträge, eigene Facebook-Seite mit mehreren Hundert Sympathisanten, Fernseh- und Zeitungsberichte: Der Strickguerilla in ihrem Bestreben, die Städte schöner und bunter zu gestalten, wünsche ich wirklich alles erdenklich Gute – aber nun einen Post zu schreiben nach dem Motto „Haha, ja schaut mal, was ist das denn“, das wäre nun wirklich ein wenig abgeschmackt. Also auch kein Wollpost.
Und dann lag ich so auf meiner Schlafstatt rum und sinnierte frohen Mutes über das Leben an sich, so – und dann stellte sich mir plötzlich die Frage, warum eigentlich so viele Menschen „Schmeckt irgendwie wie Hühnchen“ sagen, wenn sie etwas Fremdartiges, Neues zum ersten Mal verspeisen: Ob frittierte Insekten, gebratene Geckos, gedünstete Schlangen oder karamellisierte Krokodile – alles schmeckt wie Hühnchen. Dabei sagt doch sonst nie ein Mensch „Heute habe ich ein Hühnchen gegessen“, eher ein Hähnchen, aber das soll jetzt nicht Thema sein. `Ja, fragt sich das denn sonst keiner´, fragte ich mich, so wie ich mich jahrelang ergebnislos fragte, was zuerst da war; Löffel oder Gabel: Doch die Frage war schon zur Zeit der Fragestellung längst wissenschaftlich gelöst (Löffel, denn Fleisch aß man mit der Hand, Brei und vor allem Suppe jedoch nicht), das wiederum wusste ich nicht, denn zum Zeitpunkt meiner Problemstellung gab es noch kein Internet – doch ich schweife ab.
Jedenfalls überrascht das hier jetzt auch nicht mehr –
 Schmeckt wie Hühnchen: 873.000 Treffer-
na toll.
Dann brauche ich da auch nicht mehr mit ankommen, Benno Ketten erklärt uns die Geflügelwelt und so, das haben schon 872.999 Einträge im WorldWideWeb vor mir erledigt, tja-
Niederlage auf ganzer Linie.
Aufgabe.
Und deswegen gibt es heute keinen Post.
Tschuldigung!

1 Kommentar:

  1. Weil ich den Text hier gerade erst gelesen habe: Mir ist seit längerem bekannt (wo ich das gelesen habe, weiß ich nicht mehr genau, könnte aber "USA erklärt" gewesen sein), daß in der angelsächsischen Welt immer dann, wenn die Frage nach dem Geschmack einer relativ exotischen Speise auftaucht (also z. B., Krokodil, Mensch usw.) die Formulierung "tastes like chicken" ein running gag ist - denn der Sprecher weiß ja letztlich auch nicht, wie es schmeckt.

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