25.07.2011

Fahrige Kunst

Die hehre Kunst ist ja häufig launischen Moden unterworfen; was heute angesagt ist, kann schon morgen total gestern sein. Berlin als kultureller Hochburg zum Beispiel wird nachgesagt, „eine irre schnelle Stadt“ zu sein: Und damit fahren viele Menschen richtig gut.
Deshalb beschäftige ich mich heute mit Kunst auf Rädern.


Im Guggenheim-Museum in Bilbao beispielsweise steht (oder stand?) ein großer weißer BMW, der komplett mit schwarzer Schrift verziert wurde. Es liegt wie immer im Auge des Betrachters: Große Kunst oder große Schweinerei, weil Verschwendung kostbaren Vierrades? Sehen wir auch auf den beinahe bekannt gewordenen Künstler Dlodno Kataster, der drei verschiedenfarbige Kleinwagen auf drei verschiedene Tiere (Kuh, Tapir, Ente) warf, um aus den entstandenen Abdrücken drei völlig neue Eindrücke zu erschaffen:
Der Künstler - selbst ein Tier?



Oder der berühmte Disput zwischen Gomolka, dem Jüngeren und seinem dadaistischen Busenfreund Egbert, der mit einem entschiedenen "Fahr zur Hölle, Drecksack!" seinen vorläufigen Abschluß fand:
Der Künstler - Verneiner der Zukunft?

Nicht unbedingt. Der große van Gogh etwa, der -von Zweifeln geplagt- 1890 sein epochales Werk "Felder, mit kleinem Wagen" vollendete, wusste bereits zu dieser Zeit, dass die technische Entwicklung niemals haltmachen würde: Dieses Bild, welches im Hintergrund eine mit vielen Waggons bestückte Dampflok durch die pittoreske Landschaft rollen lässt, behält sich im Vordergrund einen bäuerlich anmutenden Mann mit einem kleinen Pferdegespann vor:
Der Künstler - ein Mahner?

Seinem Bruder Theo hätte er fast in einem Brief geschrieben:

"...und der `Wagen´ ist nun auch vollendet. Der Widerspruch Pferdewagen - Lokomotive scheint mir recht gelungen; aber kann das denn alles sein?..."

Und an anderer Stelle:

"...es wird Zeit, dass mal was Neues erfunden wird; ich bin jetzt schon so lange Maler und kann immer noch keine Pferde malen..."

Schon hier wurde van Goghs Fortschrittssehnsucht deutlich; ahnte er etwas? Nahm er vielleicht schon die Zukunft vorweg:
Der Künstler - ein Künder?


Wagen wir einen Blick auf die moderne Kunst: Picasso. Picasso, der Maler, der malte, bis das Haus aus allen Nähten platzte und sich dann ein neues Domizil kaufen musste, schrieb an seine Jugendliebe Augusta Losch folgende Zeilen:

"...schon wieder ein Haus voll; neues Haus gekauft, jedoch fünf Kilometer entfernt. Wie dort hinkommen? Lappen weg; scheiß Rotwein..."

Ein Absatz tiefer folgendes:

"...wenn ich schon nicht fahren darf, dann soll es auch kein anderer tun. Auf meinen Bildern hat das Automobil keinen Platz: Prost!..."
Der Künstler - Negierer des Fortschritts?

Abschließend sei auf ein Zitat hinzuweisen, welches in einem nicht dokumentierten Augenblick von dem überragenden Surrealisten Dalí auf den Grund eines Absinthglases gehaucht wurde:

"Ob nun mit Pferdewagen oder Taxi ist mir schnuppe: Ich bin stramm und muss nach Hause."

Der Künstler - ein ignoranter Schwachkopf?

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